V.l.: ARGE-Vizepräs. Stefan Füll, ARGE-Präs. Frank Dittmar, ARGE-Vizepräs. Susanne Haus, Präs. VbU Hessen e.V. Thomas Reimann
Arbeitsgemeinschaft der Hessischen Handwerkskammern

02.10.2025 - ARGE 25/10 a - Gespräch mit dem VbUVerband baugewerblicher Unternehmer Hessen e. V. und Arbeitsgemeinschaft der Hessischen Handwerkskammern im Gespräch

Handwerkskammern und Baugewerbe fordern mehr Tempo: Enttäuschung statt Aufbruchsstimmung

Die Ankündigungen der neuen Bundesregierung haben im Handwerk große Erwartungen geschürt. Die Handwerksbetriebe in Hessen haben in den ersten beiden Quartalen des Jahres bei stagnierenden Umsätzen und Auftragsbeständen trotzdem ihre Fachkräfte gehalten und große Hoffnungen in die angekündigten Investitionsprogramme, in die angekündigten Entlastungen bei Steuern und Abgaben sowie der überbordenden Bürokratie gesetzt.

„Angekommen ist von diesen Ankündigungen in den Betrieben vor Ort bisher noch nichts. Statt einer wirtschaftlichen Belebung im zweiten Halbjahr droht 2025, zum verlorenen Jahr zu werden“, ärgert sich Frank Dittmar, Präsident der Arbeitsgemeinschaft der Hessischen Handwerkskammern (ARGE). Auch Präsident Thomas Reimann vom Verband baugewerblicher Unternehmer Hessen e.V. ist enttäuscht: „Die angekündigte Strompreisentlastung auch für die kleinen und mittleren Betriebe ist nicht erfolgt, die Investitionsprogramme sind noch nicht als Aufträge bei den Betrieben angekommen, die Bürokratie- und die Abgabenlast bremsen das Bauhandwerk weiter aus.“ 

Die Vertreter der Handwerkskammern und des hessischen Baugewerbeverbandes sind sich in der Analyse einig, dass eigentlich genug zu tun sei. Die Energie- und Klimawende, die teilweise marode Infrastruktur, der Mangel an Wohnraum in den Ballungszentren, der energetische Sanierungsbedarf in privaten und öffentlichen Gebäuden, das alles sollte eigentlich ausreichend Nachfrage für die Handwerksbetriebe generieren. Stattdessen leiden diese aber an stagnierenden Aufträgen von privaten Kunden, die auch von hohen Bauzinsen und Baupreisen abgeschreckt werden und gleichzeitig an ausbleibenden Aufträgen der öffentlichen Hand. Hier fehlt es aber nicht nur an einer schnelleren Umsetzung der Investitionsprogramme, sondern auch an den personellen Ressourcen vor Ort. 

„Es darf nicht sein, dass Bauanträge Wochen und Monate unbearbeitet liegenbleiben, weil den Kommunen die qualifizierten Mitarbeiter fehlen“, mahnt ARGE-Präsident Dittmar. Die Lösung sieht das Handwerk aber nicht in einer Aufstockung des Personals der Öffentlichen Hand, sondern in einer radikalen Entbürokratisierung der Verwaltungsvorgänge. „Die Bauämter müssen endlich durchgängig digital arbeiten, einfache Prüfungen und Genehmigungen können durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz massiv beschleunigt werden.“, ergänzt Präsident Reimann. Viele Auflagen zum Schallschutz, zum Brandschutz oder zur Wärmedämmung seien inzwischen überzogen und würden die Bautätigkeit verteuern sowie verlangsamen. 

Auch die Ausschreibungsverfahren müssen nach Ansicht von Handwerkskammern und Bauverband erheblich entbürokratisiert werden. Die derzeit geplante Anhebung der Vergabegrenzen im öffentlichen Auftragswesen sinddabei nur ein Baustein. Um hier das dringend erforderliche Tempo zu erreichen, sollten die Kommunen dazu verpflichtet werden, die höheren Vergabegrenzen auch zu nutzen. Die bestehenden Kann-Regelungen führen dazu, dass die Verantwortlichen letztlich nicht die Möglichkeiten der freihändigen Vergabe oder der beschränkten Ausschreibung nutzen, sondern doch wieder auf die kosten- und zeitraubenden Ausschreibungsverfahren zurückgreifen. 

„Die Politik muss die Verwaltung hier zu schnelleren Entscheidungen bringen und ihr gleichzeitig den Rücken stärken, mutiger zu agieren“, forderte Dittmar. Eine Beschleunigung erhofft sich das Handwerk auch davon in einem Ausbau der Präqualifizierung. Dann müssten Betriebe nicht bei jeder Ausschreibung neu umfangreiche Nachweise und Erklärungen beibringen. Ideal wäre es, wenn die umfangreichen Unterlagen nach der Vergabeentscheidung nur noch von dem erfolgreichen Auftragnehmer, und nicht schon im Vorfeld von allen Bewerbern eingebracht werden müssten. 

„Wir haben die Kapazitäten, wir haben die Expertise“, betonen die Präsidenten Reimann und Dittmar gemeinsam „Man muss uns nur machen lassen.“
Das Bauhandwerk stehe bereit, wieder zum Zugpferd der konjunkturellen Entwicklung zu werden, und das so schnell wie möglich und nicht erst 2026 oder 2027.