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11.01.2024 - HHT24/01 - Jahreskonjunkturbericht veröffentlichtHessisches Handwerk blickt mit großer Skepsis auf 2024

Hessisches Handwerk blickt mit großer Skepsis auf 2024 – Sorgenkind Wohnungsbau

Nach dem verzögerten Abflauen der Belastungen durch die Corona-Pandemie folgte im Jahr 2023 kein durchgreifender Aufschwung im hessischen Handwerk. Die globalen Lieferkettenprobleme und Materialengpässe setzten sich fort und führten zu einer Verknappung wichtiger Energieträger und dadurch zu massiven Preissteigerungen. Dass die Betriebe ihre gestiegenen Einkaufspreise nur zum Teil an die Kunden weitergeben konnten, belastete ihre ohnehin angespannte Liquiditätslage. Die Preissteigerungen führten auch bei den privaten und gewerblichen Kunden der Handwerksbetriebe zu einer erheblichen Verunsicherung, Kaufzurückhaltung und Auftragsstornierungen. 

Zu dieser Einschätzung kommt die aktuelle Konjunkturumfrage des Hessischen Handwerkstages (HHT). HHT-Präsident Stefan Füll zufolge habe es unterschiedliche konjunkturelle Entwicklungen in einzelnen Handwerksbranchen gegeben. Insbesondere das sonst so dominierende Bauhauptgewerbe verzeichnete als einzige Branche einen kräftigen konjunkturellen Einbruch. Steigende Baupreise, steigenden Finanzierungskosten und eine Verunsicherung über die Regelungen der energetischen Ausstattung der Immobilien (Heizungsgesetz) führten zu einem Rückgang der Baugenehmigungen und den Geschäftserwartungen der Baubetriebe. Dagegen hielt beim Ausbaugewerbe die deutliche Erholung zu Jahresbeginn bis zum Jahresende an. Auch die sonst so krisengebeutelten Kfz-Handwerke und die personenbezogenen Dienstleister zeigten eine deutlich positivere Entwicklung. 

Prognose für das Jahr 2024

Das hessische Handwerk dürfte sich der allgemeinen schwierigen wirtschaftlichen Lage nicht entziehen können. Gründe sind insbesondere die anhaltende Inflation, der inflationsbedingte Kaufkraftverlust der Konsumenten und erhebliche Unsicherheiten über die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Füll: „Eine durchgreifende Entspannung der wirtschaftlichen Lage im hessischen Handwerk ist derzeit nicht in Sicht, obwohl die prioritären Themen der ökonomischen und ökologischen Transformation grundsätzlich positive Perspektiven für das Handwerk bieten.“ Sorgenkind werde aller Voraussicht nach insbesondere der private Wohnungsbau bleiben. Für 2024 seien belastbare Prognosen hinsichtlich der Umsatzentwicklung nur schwer möglich. Aktuell gehe der HHT von einer nominalen Umsatzentwicklung in einem Band von 2 bis 4 Prozent aus. Bei einem Umsatzwachstum im oberen Prognosebereich, könnten die Umsätze auch real wieder zulegen. Die Beschäftigungszahlen dürften auch 2024 erneut moderat abnehmen, wobei die Personalverluste erneut vor allem der demografischen Entwicklung geschuldet sein werden. 

Plus bei neu abgeschlossenen Lehrverträgen

Im Erhebungszeitraum vom 1. Oktober 2022 bis zum 30. September 2023 (offizielle BiBB-Statistik, die in den Berufsbildungsbericht der Bundesregierung einfließt) konnte das hessische Handwerk 10.037 neu eingetragene Lehrverträge verzeichnen. Dies entspricht einem Plus von 661 Lehrverträgen bzw. 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. „Damit haben wir unser selbstgestecktes Ziel, 10.000 neue Ausbildungsverträge abzuschließen, erreicht“, so HHT-Vizepräsident Wolfgang Kramwinkel. Das Niveau vor der Corona-Pandemie wurde damit wieder fast erreicht: 2019 konnten insgesamt 10.357 neue Lehrverträge im hessischen Handwerk abgeschlossen werden. Allerdings, so Kramwinkel, würden auch die Schwierigkeiten zunehmen, das Ausbildungsangebot der Betriebe und die Nachfrage der Jugendlichen zusammenzuführen. Auch in der Zukunft sei eine ausreichend hohe Zahl umfassend qualifizierter Fachkräfte die Schlüsselgröße für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und des Handwerks. Die zentrale und zunehmende Herausforderung für das Handwerk sei vor diesem Hintergrund die Sicherung des Fachkräftenachwuchses, da die Betriebe ihre qualifizierten Mitarbeiter vorwiegend aus der eigenen Ausbildung gewinnen. 

Jökel Bau GmbH & Co. KG aus Schlüchtern Deutschlandweit bester Ausbildungsbetrieb

In diesem Zusammenhang machte Mathias Zarse, Prokurist der Jökel Bau GmbH & Co. KG aus Schlüchtern, deutlich, dass Auszubildende die Zukunft des Handwerks seien. Es sei stets Ziel der Firma, sie nach der Ausbildung auch im Unternehmen zu halten. Mit Weiterbildungsmöglichkeiten und Vertrauen, schaffe man es, dass die jungen Kräfte früh Verantwortung übernehmen. Die Jökel Bau GmbH & Co. KG wurde Ende 2023 in Berlin mit dem „Heribert-Späth-Preis für besondere Ausbildungsleistungen im Handwerk“ ausgezeichnet. Der höchste Ausbildungspreis des Handwerks wurde ihnen für ihr innovatives Engagement in der Nachwuchsansprache und -gewinnung verliehen.

 „Schwarz-roter“ Koalitionsvertrag mit „viel Licht und wenig Schatten“

Mit Blick auf die neue hessische Landesregierung sieht der Geschäftsführer des Hessischen Handwerkstages, Bernhard Mundschenk, im schwarz-roten Koalitionsvertrag „viel Licht und wenig Schatten“: „Der Vertrag greift aus unserer Sicht die drängenden Punkte in vielen Feldern der Landespolitik auf. Mit einem eigenen Kapitel ‚Handwerk und Mittelstand‘ würdigt der Vertrag zudem die zentrale Rolle des Handwerks als wichtige Wirtschafts- und Gesellschaftsgruppe.“ Der Koalitionsvertrag setze aus seiner Sicht in den wichtigen Politikfeldern die richtigen Akzente. Im Bildungsbereich gehöre zur Sicherung des Fachkräftebedarfs insbesondere die Verwirklichung einer echten Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung. Von zentraler Bedeutung dabei sei insbesondere die Einführung einer kostenfreien Meisterausbildung, aber auch der Ausbau der Berufsorientierung gerade in den Gymnasien sowie die Schaffung von Azubi-Wohnheimen. Wichtig seien auch zukunftsfähige Berufsschulen, aber auch handwerkliche Bildungszentren sowie eine verbesserte Zuwanderung ausländischer Fachkräfte. Im Wirtschaftsbereich sei es von herausragender Bedeutung, dass die nicht mehr zu bewältigende Bürokratiebelastung endlich reduziert, Planungs- und Genehmigungsverfahren optimiert und beschleunigt werden. Die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Veränderungen im Vergaberecht sieht das Handwerk zwiespältig. Positiv sei die geplante Anhebung der Vergabefreigrenzen sowie die Prüfung vergabefremder Aspekte, kritisch werde die Ausweitung der Tariftreue und der Subunternehmerketten sowie der rechtlichen Möglichkeiten der Kommunen zur wirtschaftlichen Betätigung bewertet. „Der Vertrag setzt die richtigen Akzente, die im konkreten Regierungshandeln in der nächsten Legislaturperiode auch umgesetzt werden müssen getreu dem Motto von Erich Kästner: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“, so Mundschenk abschließend.